Beate Herbst ist Jahrgang 1961 und arbeitete seit 1984 als Diplom-Bibliothekarin und Systembibliothekarin in verschiedenen Öffentlichen Bibliotheken. Nach einem Aufbaustudium leitet sie seit 2011 das Servicezentrum des Verbundes der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB).
Das Gemeinschaftsprojekt des IT-gestützten Verbundes der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB) der zwölf Berliner Stadtbezirke, der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) und der Senatsverwaltung Wissenschaft, Forschung und Kultur startete im Jahr 1995.
Der VÖBB ist ein Ausleih- und Katalogisierungsverbund an dem 68 öffentliche Bibliotheken, zehn Fahrbibliotheken und zwei Schulbibliotheken angehören (Stand 2016).
Das VÖBB-Servicezentrum nimmt die Aufgaben einer Verbundzentrale für den Verbund wahr. Über einen gemeinsamen Online-Katalog kann im Gesamtangebot der am VÖBB beteiligten Bibliotheken recherchiert werden.
Wie hat sich das Berufsbild des Bibliothekars seit Ihrem Studium verändert?
Beate Herbst:
Ich hatte das Glück schon während meines Studiums in der Stadtbibliothek Wedding in Berlin zu arbeiten, in der Kundenorientierung, Medienvielfalt und unkonventionelle Lösungsansätze gelebt wurden. Diese Themen sind auch heute noch aktuell. Aber natürlich ist unser Beruf – wie unsere gesamte Gesellschaft stark von den Neuerungen wie Internet, digitalen Angeboten, Social Media,
Open Data, massiver Informationsflut usw. betroffen. Unser Berufsbild muss auf diese Entwicklungen reagieren.
Was gehört heute zu einem erfolgreichen Bibliothekskonzept?
Beate Herbst:
Unabhängig vom Bibliothekstyp sehe ich drei Säulen
Welche weiteren Veränderungen im Dienstleistungsangebot öffentlicher Bibliotheken sind in Zukunft noch zu erwarten?
Beate Herbst:
Fußend auf den von mir genannten Säulen erwarte ich eine Erweiterung bei den digitalen Angeboten und der Beratung in diesem Bereich. Die traditionellen Felder wie Leserförderung werden durch die Nutzung digitaler Geräte und Angebote ergänzt. Hierzu könnte auch gehören, dass die öffentlichen Bibliotheken - z.B. über Crowdsourcing - interessante Informationen der Bürger sammelt und allen zur Verfügung stellt. Dabei ist die Bibliothek Garant dafür, allen Bürgern den Zugang - auch zu digitaler - Information zu ermöglichen. Die Bibliotheken werden ihre Aufenthaltsqualität verbessern. Ein sehr gute technische Infrastruktur (WLAN, gute Bandbreiten fürs Internet, Zugang zu qualitätsgesicherter Information) und genügend Arbeitsplätze sind hierfür notwendig.
Wie sehen Sie die künftige Entwicklung der öffentlichen Bibliotheken?
Beate Herbst:
Ich glaube auch, dass die öffentlichen Bibliotheken mehr Raum für unterschiedliche Gruppen der Gesellschaft bieten werden. Die Bibliothek z. B. als Treffpunkt verschiedener Selbsthilfe-Gruppen, denen dann auch Informationen zu ihren jeweiligen Themen zur Verfügung gestellt werden. Die Bibliotheken in Dänemark sind hier gute Vorbilder.
Sind deutsche Bibliotheken im digitalen Zeitalter bereits so gut aufgestellt, dass sie auch in Zukunft weiterhin
relevant bleiben?
Beate Herbst:
Bei der Beantwortung der Frage möchte ich mich auf die öffentlichen Bibliotheken konzentrieren. Meiner Meinung nach gibt es
einen gewaltigen Nachholbedarf. Die Herausforderungen der digitalen Revolution braucht Geld, das öffentlichen Bibliotheken oft
nicht bekommen.
Es braucht Hilfen des Gesetzgebers, damit Bibliotheken überhaupt die gängigen digitalen Angebote anbieten können. (Die Anbieter wollen oft nur noch Endkunden bedienen. Die Bibliothek als „Zwischenhändler“ ist ungeliebt).
Oft geäußerte Vorstellungen „es gibt doch Google und im Internet finde ich alles was ich brauche“ oder „Amazon und Netflix decken doch schon alles ab“ sorgen dafür, dass die Wichtigkeit von Bibliotheken nicht (mehr) gesehen wird. Ich möchte nicht, dass Google und Co bestimmen, welche Information wir zu sehen bekommen. Entsprechende Lobbyarbeit halte ich für unabdingbar. Daneben brauchen Bibliotheken für die neuen Herausforderungen gut ausgebildetes Personal, das wir auch entsprechend bezahlen sollten. Die Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst geben dies oft nicht her. Hier sind die Tarifpartner gefragt.
Natürlich gibt es auch schon gute Ansätze. Dies können sie zum Beispiel in Hamburg, Köln oder beim Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB) sehen.
Wie wichtig ist für Sie noch das gedruckte Buch?
Beate Herbst:
Wenn ich in Urlaub fahre, lese ich lieber E-Books, für schnelle Recherchen nutze ich zuerst das Internet oder elektronische Datenbanken. Trotzdem lese ich immer noch auch viele gedruckte Bücher. So bevorzuge ich zum Beispiel bei Sachbüchern mit vielen Tabellen und Bildern das gedruckte Buch.
Haben Sie ein Lieblingsbuch?
Beate Herbst:
Ich würde sagen, es wechselt. Auf meiner Lieblingsliste finden sich aber immer die Gedichte von Ingeborg Bachmann und Shikasta von Doris Lessing.
Wird es in 20 Jahren noch gedruckte Bücher geben?
Beate Herbst:
Ich denke ja. Menschen lieben es, Bücher anfassen zu können und zu blättern. Allerdings glaube ich, ich dass der Anteil der gedruckten Bücher im Vergleich zu E-Books sinken wird.
Mit welchen Erwartungen sind Sie zum Bibliothekstag nach Frankfurt gekommen?
Ich erwarte, Impulse für meine Arbeit zu erhalten und Gespräche mit Firmenvertretern, Kolleginnen und Kollegen führen zu können.
Frau Herbst, wir bedanken uns für das Interview.
(Interview Klaus Leitzbach am Rande des 106. Bibliothekstag 2017 in Frankfurt am Main)